Mal wieder BVV – Immer Ärger mit den Ausgleichstarifen

Vorbemerkung Reißig

Das OLG Frankfurt(vom 25.05.2022, 4 UF 43/19) hat sich zum wiederholten Male mit dem BVV befasst. Diesmal sogar aufgrund eine Beschwerde des BVV selbst. Das Ergebnis hat sich der BVV sicher anders vorgestellt.

Die Entscheidung berüht im wesentlichen drei Themenschwerpunkte:

  1. Geschlechtsspezifische Leistungsmerkmale
  2. Ausgleichstarif ARLEP/oG-V 2007 begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken
  3. Wertentwicklung im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist durch geeignete Maßgabeanordnungen sicherzustellen.

Die Entscheidung

Allerdings weist der Ausgleichstarif (ARLEP/oG-V 2007) anders als der Ausgangstarif (N 2007) geschlechtsspezifische Leistungsmerkmale auf. Ob damit eine nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG unzulässige und nicht nach § 33 Abs. 5 AGG gerechtfertigte Benachteiligung derjenigen Ausgleichsberechtigten verbunden ist, die als Folge der Verwendung geschlechtsspezifischer Leistungsmerkmale eine geringere Ausgleichsrente erhalten als im Falle der Verwendung geschlechtsneutraler Leistungsmerkmale, bedarf im vorliegenden Fall jedoch keiner Klärung, weil der Antragsgegner als männlicher Ausgleichsberechtigter wegen seiner geringeren statistischen Lebenserwartung sogar von der Verwendung geschlechtsspezifischer Leistungsmerkmale profitiert, während die Kürzung des Anrechts der Antragstellerin in Höhe des geschlechtsneutral ermittelten Ausgleichswerts erfolgt. Eine mit der Verwendung geschlechtsspezifischer Tarife verbundene Diskriminierung eines der beiden Ehegatten ist daher im vorliegenden Fall ausgeschlossen.

Die Verwendung des Tarifs ARLEP/oG-V 2007 als Ausgleichstarif begegnet daher jedenfalls in der vorliegenden Konstellation keinen grundsätzlichen Bedenken im Hinblick auf die gebotene vergleichbare Wertentwicklung des zu übertragenden Anrechts in der Zukunft (so in einem gleich gelagerten Fall bereits der Beschluss des Senats vom 9.2.2022 – 4 UF 63/19, nicht veröffentlicht).

Allerdings gewährleistet der vorgesehene Ausgleichstarif nicht die ebenfalls gebotene Teilhabe an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich. Es reicht insoweit nicht aus, dass die Beschwerdeführerin in anderen Beschwerdeverfahren eine entsprechende, von ihren Versicherungsbedingungen nicht vorgesehene Teilhabe zugesichert hat, weil sich Umfang und Inhalt des zu Gunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten zu übertragenden Anrechts hinreichend bestimmt aus der gerichtlichen Gestaltungsentscheidung und den darin gegebenenfalls in Bezug genommenen Bestimmungen ergeben müssen (vgl. OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2017, 878).

Abweichend von der vorstehend zitierten Entscheidung ist dabei durch geeignete Maßgabeanordnungen sicherzustellen, dass der Ausgleichswert bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts im Ausgangstarif und nicht im Ausgleichstarif teilnimmt, weil die Versicherung zum Ausgleichstarif erst mit Eintritt der Rechtskraft begründet wird. Der zu übertragende Ausgleichswert erhöht sich durch die aus dem Tenor ersichtlichen Anordnungen um die auf ihn im Ausgangstarif im Zeitraum zwischen dem Ende der Ehezeit und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich entfallende Verzinsung und laufende Überschussbeteiligung und erhöht oder mindert sich um etwaige im genannten Zeitraum auf den Ausgleichswert entfallende biometrische Gewinne oder Verluste, die dadurch entstehen, dass der Versicherungsfall auf Seiten der ausgleichspflichtigen Person eingetreten oder nicht eingetreten ist (vgl. BGH, FamRZ 2015, 1869).

Hinweis Reißig

Wie in vielen anderen Fällen mit anderen Versorgungsträgern ist auch dem Ausgleichstarif besondere Beachtung zu schenken.

Das gilt bei betrieblichen Versorgungen ebenso wie bei privaten Versorgungen. Häufig haben die Versorgungsträger nachteilige Regelungen für die ausgleichsberechtigte Person gut versteckt (Beispiel: aktuelle Rechnungsgrundlagen).

Auch wenn das Gericht die Wertentwicklung eigentlich von Amts wegen prüfen muss (aber nur selten tut), sollte die ausgleichsberechtigte Person dies im eigenen Interesse ebenfalls veranlassen.

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