Auftraggebern von freien Mitarbeitern drohen hohe Beitragsforderungen

Sozialversicherungspflicht von freien pädagogischen Mitarbeitern

Auch wenn Personen als freie Mitarbeiter beschäftigt werden und typische Arbeitnehmerrechte wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub nicht vorgesehen waren, kann eine abhängige Beschäftigung vorliegen und diese somit sozialversicherungspflichtig sein. Denn hier waren die pädagogischen Mitarbeiter in der Sprachförderung und Elternbildung bei Kindern mit Migrationsintergrund tätig und mussten in diesem Rahmen bei der Durchführung von Projekten feste Termine und Aufgaben wahrnehmen, die unter verbindlichen Absprachen erfolgten. Sie waren demnach aufgrund der Detailtiefe der Vorgaben des Auftraggebers in die fremde Arbeitsorganisation hinreichend eingegliedert.

LSG Hessen vom 24.02.2022, Az.: L 8 BA 62/19

Beitragspflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung auch bei entgegenstehendem Willen der Parteien

Auch die subjektive Vorstellung eines Auftragnehmers, als Selbständiger tätig zu sein, oder dass beide Vertragsparteien nicht wollen, dass Versicherungs- und Beitragspflicht eintritt, ist für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung unbeachtlich. Auch die Tatsache, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer ihre Arbeitnehmerrechte (bspw. bezahlten Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) vorenthielt, ändert an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung im Ergebnis deshalb nichts, weil diese eingeschränkten Schutzrechte nicht auf der anderen Seite mit einer höheren Gewinnmöglichkeit einhergingen.

Ausgangspunkt ist weiterhin die persönliche Abhängigkeit die hier vorliegt, sodass die Versicherungs- und Beitragspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung eintritt, da diese Rechtsfolge allein auf objektiven, nicht dispositiven Normen beruht, die den Vorstellungen und Wünschen der Vertragsparteien entzogen sind.

LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 14.02.2022, Az.: L 4 BA 21/19

Hinweis Reißig:

Die Sozialgeríchtsbarkeit engt den Kreis der freien Mitarbeiter immer weiter ein. Sobald auch nur ein Hauch von Eingliederung in die Organisation des Auftragsgebers zu erkennen ist, wird auf Beschäftigung entschieden.

Ohne Unternehmerrisiko oder höherer Gewinnmöglichkeit wird ebenfalls von Beschäftigung ausgegangen.

Problematisch ist auch, das der Begriff des Beschäftigten im Sozialversicherungsrecht (§ 7 Abs. 1 SGB IV) und der Begriff des Arbeitnehmers (§ 611a BGB) im Arbeitsrecht nicht deckungsgleich sind (BSG, Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R Rn. 30).

Daher sollten Auftraggeber und ihre steuerlichen Berater sämtliche Tätigkeiten von freien Mitarbeitern genauestens prüfen. Es drohen sonst hohe Beitragsforderungen. Im wesentlichen sind die Beiträge dann allein vom Auftraggeber zu zahlen. Regelungen, dass der Auftragnehmer die Arbeitnehmeranteile erstatten muss, sind nicht zulässig. Es kann zu erheblichen sozialversicherungsrechtlichen, arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Nachteilen kommen.

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