Ausgleichssperre bei in- und ausländischen Anrechten. Ausschluss der Hinterbliebenenversorgung auch in der gesetzlichen Rentenversicherung

Leitsatz

1. Zum Ausschluss des Anspruchs gegen den Versorgungsträger gemäß § 25 II VersAusglG, wenn aufgrund der Billigkeitsprüfung gemäß § 19 III VersAusglG infolge des Zusammentreffens inländischer Anrechte mit beiderseits bestehenden ausländischen Anrechten bestimmt wird, dass ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht stattfindet.

2. Der in § 25 II VersAusglG bestimmte Ausschluss des Anspruchs gegen den Versorgungsträger erfasst auch Anrechte, die im Rahmen der Billigkeitsprüfung gemäß § 19 III VersAusglG vom Wertausgleich bei der Scheidung insgesamt ausgeschlossen wurden, also auch inländische Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung (sog. Ausgleichssperre).

OLG Düsseldorf, Beschluss v. 17.8.2021, 7 UF 77/21; FamRZ 2022, 689, 691

Nach § 25 II VersAusglG scheidet ein Anspruch auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung gegen den Versorgungsträger aus, wenn das noch nicht ausgeglichene Anrecht wegen einer Vereinbarung der Ehegatten nach den §§ 6 bis 8 VersAusglG oder wegen fehlender Ausgleichsreife nach § 19 II Nr. 2 oder Nr. 3 VersAusglG oder § 19 Abs. 3 VersAusglG vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen war.

Die Ausgleichssperre des § 19 III VersAusglG bewirkt, dass bei jedem der dann schuldrechtlich auszugleichenden Anrechte ein Anspruch auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung ausscheidet.

Zwischen den beim Wertausgleich bei der Scheidung nicht ausgleichsreifen Anrechten und den sonstigen Anrechten ist danach nicht zu differenzieren, mögen auch die Interessen des Versorgungsträgers im Einzelfall eines solchen Schutzes nicht bedürfen.

Hinweis Reißig:

Die gemäß § 19 III VersAusglG vorzunehmende Billigkeitsprüfung ist grundsätzlich auf der Grundlage der Versorgungswerte aller in der Ehezeit erworbenen Anrechte vorzunehmen ( Siehe auch BGH, Beschluss vom 5.5.2021, XII ZB 381/20; FamRZ 2021, 1280 Rz. 36 f., m. Anm. Siede).

Wird die Ausgleichssystematik des Hin-und-Her-Ausgleichs durch ein ausländisches Anrecht unterbrochen (auch bei vollständigen Ausgleich des ausländische Anrecht aufgrund einer Abfindung gemäß § 23 VersAusglG), soll nach § 19 Abs. 3 VersAusglG auch der andere Ehegatte in die schwächere Rechtsposition verwiesen werden, um im entsprechenden Umfang einen Gleichlauf der wechselseitigen Ausgleichsformen und damit verbundenen Realisierungsrisiken herzustellen.

Fall 1:

Der Ehepartner mit den höheren ausgleichsreifen inländischen Anrechten hat auch die höheren nicht ausgleichsreifen ausländischen Anrechte.

Lösung:

Wertausgleich bei der Scheidung gemäß § 10 I VersAusglG bezüglich der ausgleichsreifen inländischen Anrechte.

Schuldrechtlicher Ausgleich nach der Scheidung bezüglich der nicht ausgleichsreifen ausländischen Anrechte.

Fall 2:

Der Ehepartner mit den höheren ausgleichsreifen inländischen Anrechten hat die geringeren nicht ausgleichsreifen ausländischen Anrechte.

Lösung:

Die Ausgleichssperre i. S. des § 19 III VersAusglG greift bezüglich aller Anrecht ein. Verweisung aller Anrechte in den schuldrechtlichen Ausgleich nach der Scheidung.

Im Rahmen der Billigkeitsprüfung ist vom Gericht festzustellen, ob ein Gleichlauf der wechselseitigen Ausgleichsformen und der damit verbundenen Realisierungsrisiken hergestellt werden kann. Diese Prüfung bezieht sich u. a. auf die Frage, ob in Bezug auf ein ausländisches Anrecht ggf. die Versorgungsform einer Geschiedenenwitwenrente bzw. Witwerrente (vergleichbar mit der Vorschrift des § 243 SGBVI) zugunsten der ausgleichsberechtigten Person besteht.

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